Achtung! Der Bericht ist wohl etwas länger geworden, sorry
Vorgeschichte:
Was hab ich mich auf die HIT 2015 gefreut! Wir waren 2014 zum ersten Mal dabei- auf unserem clubeigenen Opel Kadett C Coupe- und hatten unendlich viel Spaß.
Doch dieses Mal sollte es etwas ganz besonderes werden: die Rückkehr des Ex Gruppe 1 Commodore A GS/E von Steinmetz Automobiltechnik mit dem Jean Ragnotti 1970 an der Rally Tour de France und dem Opel Markenpokalrennen teilnahm.
Nach Jahrzehnte langem Stillstand sollte der Wagen endlich wieder auf die Rennstrecke- auch wenn sie etwas ungewöhnlich aus Eis und Schnee besteht. Also habe ich mir die letzten vier Wochen freigegeben und den Wagen fertig gebaut- mit einem schönen drei Liter Drehmomentmotor für gleichmäßige Kraftentfaltung aus dem Keller.
Vier Tage vor der Abreise stand die erste Probefahrt und der TÜV Termin an. Der Commodore meisterte beide Sachen bravurös.
Die HIT:
Abfahrt war Mittwoch morgen um drei Uhr, in Altenmarkt aufgeschlagen sind wir gegen 11 Uhr. Riesige Wiedersehensfreude mit Liesl der Veranstalterin und ihrem Team, kurz Papierkram erledigt und zur „technischen Abnahme“ gefahren.
Die technische Abnahme bestand aus der Kennzeichnung der Reifen und der Frage ob das Licht funktionieren würde. „Ja sicher, soll ich es einschalten?“ „Nein lass mal, das passt schon“. Fertig. Einfach klasse wie unkompliziert sowas laufen kann, kein Vergleich zu Slalom- Berg- oder Rundstreckenrennen in Deutschland.
Noch etwas über die früheren Zeiten mit dem Technischen Komissar gequatscht, den Commo im Planenanhänger geparkt und in der Pension bei Sabine und Adam eingecheckt.
Auch da war die Freude übers wiedersehen groß. Obwohl die Küche eigentlich noch geschlossen hatte, lies sich Sabine es sich nicht nehmen uns superzarte Spieße mit Beilagen zu machen....
Den Abend haben wir ganz gemütlich mit Bier, leckerem Schnaps und extremst tiefgreifenden Gesprächen
ausklingen lassen, schließlich war am Donnerstag erst ab 11 Uhr die Fahrerbesprechung angesetzt. Allerdings wurde so ab 01.30 Uhr der Schnaps und das Bier knapp, dh nächstes Jahr muss das besser organisiert sein
)
Donnerstag an 12 Uhr durften wir zum ersten Mal auf's Eis und wir waren schon sehr überrascht dass der Commo einen unglaublichen Vortrieb an den Tag legte.... Grip ohne Ende! Jetzt könnte man ja meinen dass dann alles gut wäre, was gibt es besseres als Grip auf Glatteis.....?
Das Problem war: es machte keinen Spaß! Wir waren zwar flott unterwegs, aber mit driften in den Kurven war nichts.... zuviel Grip und der Commo ließ sich nur mit brachialsten Mittel Querstellen, totale Kacke und völlig Spaßbefreites fahren.
Den Jungs mit dem Ascona B um Uwe K. ging es genau andersrum: Mit ihrer 100% Sperre -sprich zugeschweißtem Differential und ihren alten Reifen von letztem Jahr- gings nur quer vorwärts- aber unkontrollierbar....und in den Kurven wollte die Kiste nur geradeaus fahren.
Problemlos war Luetti mit seinem Ascona A unterwegs- und quer! Ich hatte die Ehre mal einen Stint bei ihm mitzufahren...alter Falter, wie der Joachim die Kiste zwischen 3500 und 7000 U/min um die Piste Prügelt und welche Driftwinkel er fahren kann, das hat mich schwer beeindruckt!
Das Team um Dirk S. hatte ein anderes Problem: Am Ende des Tages keinen Öldruck mehr unter 2000 U/min.
Da sich das Problemchen schon vor der Ice Trophy angekündigt hat, habe ich sicherheitshalber am Dienstag vor der Abfahrt noch einen 2,0E Motor präpariert und eingepackt, den wir dann Donnerstag Abend eingebaut und zum Laufen gebracht haben. 23.30 Uhr lief der Kadett -dank einer gemeinsamen Topleistung beider Teams- und wir konnten endlich was zu essen besorgen. Bettzeit war gegen 01.30 Uhr.....ziemlich spät wenn man bedenkt, dass am Freitag um 07.30 Uhr Fahrerbesprechung war und wir das Setup des Commos noch komplett umstellen wollten.
Um dem Commo etwas Spaß einzuhauchen haben wir mehrheitlich beschlossen den Reifendruck von 1,5 bar auf 2,3bar rundherum zu erhöhen und das Gewicht im Kofferraum zu verändern -und zwar nach unten!
Das Ergebnis war perfekt, am Ende waren wir mit 45 Zusatzkilos und 2,3 bar Luftdruck unterwegs. Der Commo lies sich mit leichtem Gasgeben querstellen und ENDLICH kam das Dauergrinsen zurück und unsere Rundenzeiten waren richtig gut.
Defekte oder ähnliches hatten wir keine, einfach tanken und fahren. Zeitenmäßig waren wir am Freitag alle sehr nahe beinander alle zwischen 3,34 min und 3,35 min.
Die erste Reparatur hatte ich zu verantworten: in einer ewig langen 180° Kurve -ich komplett quer im Drift unterwegs- drehte sich ein Wagen der vier Fahrzeuge voraus war. Die anderen vor mir haben es noch geschafft anzuhalten, mir haben leider zehn Zentimeter Bremsweg gefehlt und so habe ich den linken Kotflügel leicht im Heck eines Alfa 156 geparkt. Also raus und die Sache mit Panzerband geflickt und mich beim italienischen Alfafahrer entschuldigt. „No Problemo, that's racing“...
Gleich in der nächsten Runde hab ich dann noch einen Schneeberg gestreift und die rechte Seitenwand hatte ihren ersten Kratzer...wie war das? Ah genau „that's racing“
Was unglaublich ist: wie sich die Strecke permanent von -Runde zu Runde- verändert! Plötzlich gefrieren Stellen und sind Spiegelglatt in denen man vorher Grip ohne Ende hatte.
Was sich bei allen von uns als wirklich gute Vorabinvestition erwiesen hat war der 3,5mm dicke Unterfahrschutz am Frontblech. Es bleibt definitiv nicht aus dass man gelegentlich abfliegt wenn man am Limit fährt und die Konzentration langsam nachlässt.
Am Freitag Abend bei einsetzender Dunkelheit stand dann die Qualifikation für das sechs Stunden Rennen an. Geplant war das Paul die ersten 15 Minuten und Janosch die zweiten 15 Minuten fahren sollte.
Doch dazu kam es nicht. Paul parkte den Commo in der ersten Runde im Schneehaufen -was eigentlich nicht schlimm war und jedem passieren konnte. Ich war der Beifahrer und wollte gerade die Türe aufmachen und aussteigen um den Commo aus dem Schneeberg zu schieben als uns ein
Lada ungebremst in die rechte Seitenwand krachte....ca 15 cm nach der Hinterachse schlug er ein. Das hat gescheppert dass ich dachte - ok das wars! Zitternd ausgestiegen und nachgeschaut...der Lada hatte sich mit seiner Stoßstange durch die Verbreiterung in den geweiteten Radkasten gebohrt und sich so sehr verkantet, dass er sich nur mit mehreren Leuten wieder rauslösen ließ.
Um den Ladafahrer nicht umzubringen (er hatte so die Hosen voll dass er nicht mal ausgestiegen ist- ich glaube meine -in dem Moment- vor Hass funkelnden Augen und die Lautstärke meiner Stimme haben ihm Angst gemacht) bin ich erstmal brüllend dreisig Meter weit über die Rennstrecek getobt und habe mich grob abreagiert....
Das Problem: wir hatten noch keine gezeitete Runde. Paul -der Fahrer- war auch totenblass und komplett durch und Janosch wollte ich bei diesen extrem schweren Bedingungen nicht mehr fahren lassen. Also hat Paul versucht mit dem geschrotteten Commo noch eine schnelle Runde hinzubekommen.
Ich sag nur soviel: ich hatte noch NIE soviel Angst in einem Auto und war Gottfroh als sie vorbei war!
Die letzten zehn Minuten der Quali haben wir ausfallen lassen, wir sind raus ins Fahrerlager, haben den Commo in Dirks Zelt geparkt (was sich spaäter als schwerer Fehler rausstellte) und Patrick, Manfred und Tadäus haben die Seitenwand grob herausgezogen und getaped, wärend ich direkt ins Festzelt bin um Schnaps und diverse andere alkoholischen Getränke in Rekordzeit in mich rein zu schütten....knapp zwei Stunden später war ich breit, der Commo wieder fahrbereit und das 6h Rennen konnte kommen.
Da saßen wir dann viel später am Abend gemütlich beim Essen -ich hatte mich einigermaßen beruhigt- als wir einen Anruf bekamen: Auf der Rennstrecke hatte ein Sturm getobt und alle Zelte waren durch die Luft geflogen....oh nein, hätte ich den Commo nur in meinen geschlossenen Anhänger gestellt.
Wir haben uns sofort auf die Socken gemacht und es sah richtig übel aus: Dirks geliehenes Zelt Kernschrott, der Commodore stellenweise heftig verkratzt -vorn und hinten- der Transit an der Fahrertür und mein Planenanhänger hatte zwei 0,5 Quadratmeter große Löcher im Dach.
Nach zwei Stunden aufräumen war dann Feierabend, aber wer kann da schon schlafen......?
Der große Tag, das 6h Rennen stand an. Da ich den Commo am besten kenne durfte ich ran....und glaubt mir es war noch NIE SO GLATT! Mir steckte noch der Schock vom Vortag in den Knochen und ich fühlte mich nicht sicher. Zum Glück hatte ich nur zwei Dreher und konnte den Wagen ohne weitere Schäden an Patrick übergeben.
Danach war Janosch dran und danach Paul. Auch Paul hatte zu kämpfen, war auch nicht sicher unterwegs. Im großen ganzen lief alles gut, der Commo funzte wie ein Uhrwerk, die Strecke hatte mittlerweile Grip -aber sie löste sich temperatutechnisch langsam auf, so dass die Veranstalter die Rennzeit auf 5h verkürzen mussten.
Als absolutes Ausnahmetalent hat sich Patrick H. erwiesen, eigentlich NSU Prinz und Renault Alpine 110 Fahrer. Nach anfänglichem Respekt vor dem Auto hat er die Karre in unglaublichen Rundenzeiten um die Strecke geprügelt und für die schnellste Runde mit 3,21 min. Auch Janosch hatte seine Angst abgelegt und war sauschnell unterwegs- er ist noch nie Hecktriebler gefahren! Paul ist eh schnell, das haben wir letztes Jahr schon gesehen.
Wir sind angekommen, auf Platzierungen haben wir nicht geachtet. Nach einer ausgedehnten Mittagspause mit lecker Essen gab es noch zweimal 40 Min. Gleichmäßigkeitsgeballere und danach die Pokalverleihung.
Wir hatten mit nichts gerechnet als plötzlich unser Name fiel und wir den ersten Platz in der Kategorie bis Bj. 1973 gemacht haben- vor Porsche 911 und einem ehemaligen Rallychampion auf Fiat 124!
Und das wir auch noch den zweiten Platz in der Gleichmäßigkeitswertung geschafft haben
ist der absolute Hammer.
Nächstes Jahr werden wir mit Sicherheit wieder dabei sein, aber nicht mehr mit dem Commo. Habe da noch was opeliges stehen was unbedingt bewegt werden will- und auch eine echte Rarität und ein Hingucker ist. Mal schauen ob er so gut auf Eis funktioniert wie der Commodore
Abschliessend bleibt zu sagen dass die HistoricIceTrophy eine absolute Ausnahmeveranstaltung ist. Soviel Herzlichkeit seitens der Veranstalter findet man selten. Einziger Wermutstropfen und Gefahr sehe ich darin, dass das 6h Rennen zu einem Autocross Rennen verkommt, da immer mehr Rest-Tüv Fahrzeuge dabei sind- und denen ist es scheißegal wenn die Autos hinterher Schrott sind
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Die Veranstalter haben am Abschlussfest am Samstag Abend einen Fragebogen herausgegeben, wo man seine ehrliche Mienung kundtun konnte. Und wir waren nicht die einzigen die ein Mindestalter von 30 Jahren für die Fahrzeuge gefordert haben. Wir werden sehen.....
ps: Bilder kommen wenn ich sie habe
gruß uWe